Integral gefertigte schlauchförmige Stentgraftstruktur mit integrierten Ringen aus Formgedächtnismaterial als Stentsystem.
integral gefertigte Stentgraftstruktur mit Ringen aus Nitinol, © ITM/TU Dresden

I³-Graft – integrales individuelles Implantat

Die Situation

Der demografische Wandel ist schon lange in aller Munde – die Gesundheitsversorgung wird immer besser und die Bevölkerung immer älter. Leider steigt damit auch das Risiko, eine behandlungsbedürftige Erkrankung des Herz-Kreislauf-Systems zu erleiden. Allein in den OECD-Ländern treten jährlich ca. 364 000 Fälle von Aortenaneurysmen auf. Die Gefäßwände verschleißen mit der Zeit und können bei starker Überdehnung reißen. Wenn das passiert, werden die beschädigten Teile in der Regel mit künstlichen Geweberohren sogenannten Stentgrafts ersetzt. Diese bestehen aus einer Kombination aus stabilisierendem Drahtgeflecht (Stent aus Nitinol) und künstlichem textilen Blutgefäß.

Die Herstellung der Implantate ist aktuell arbeitsintensiv und zeitaufwendig. Während die Gefäßprothese oft noch maschinell hergestellt werden kann, muss der Stent per Hand aufgenäht werden. Seitliche Öffnungen oder „Ärmchen“ zum Beispiel für Nieren- oder Eingeweidearterien mit unterschiedlichen Längen und Durchmessern erschweren die Arbeit zusätzlich, da sie nachträglich mit hohem Aufwand konfektioniert und eingenäht werden.

Das Projekt

Am ITM wurde jetzt eine flexible automatisierte CAD-gestützte Jacquard-Spulenschützen-Bandwebtechnologie entwickelt. Sie ermöglicht die integrale Fertigung komplexer patientenspezifischer Stentgrafts. Vorgeformte Nitinol-Stentringe mit variablen über die Implantatlänge unterschiedlichen Durchmessern, Fensterungen und Abzweigungen können in das Schlauchgewebe integriert werden, ohne dass zusätzliches Konfektionieren notwendig ist. Die erforderlichen Technologiemodule können durch KMU kostengünstig umgesetzt werden.

Der Nutzen für den Mittelstand

Mit den Forschungsergebnissen ist die schnelle und maßgeschneiderte Fertigung mit hoher Prozesssicherheit und Reproduzierbarkeit bei gleichzeitig erhöhter Patientensicherheit und verbesserter Wirtschaftlichkeit realisierbar.

Etwa 60 kleine und mittelständische deutsche Bandwebereien können den Bereich der technischen Textilien als zukunftsträchtiges Geschäftsfeld neu erschließen und somit neue Kundengruppen und Absatzmärkte gewinnen. Darüber hinaus können Unternehmen, die das Geschäftsfeld Medizintechnik bereits etabliert haben, dieses deutlich erweitern. Die wesentlich geringeren Produktionskosten senken das Entwicklungsrisiko für KMU erheblich und haben eine Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit zur Folge.

Die Erkenntnisse aus dem Projekt können auch branchenübergreifend genutzt werden. Vor allem die überwiegend kleinen und mittelständisch geprägten Unternehmen aus den Bereichen Faserstoffe, Textilmaschinenbau, Sondermaschinenbau, Textilfertigung, Medizintechnik, Biomaterialien sowie Biotechnologie, sind potenzielle Nutzer der neuen Technologien, weil sie sich durch die Erweiterung der Produktpalette ihren Anteil am wachsenden Medizintechnik-Markt sichern können.

Die Integration sensorischer und aktorischer Komponenten in Composites ist ebenso möglich, wie zahlreiche neue Entwicklungen im Sport- und Freizeitbereich (Kompression und Muskelunterstützung).

Ansprechpartner

Dr.-Ing. Dilbar Aibibu
dilbar.aibibu@tu-dresden.de
+49 351 463 44040

Fördergeber

Finanzielle Förderung über das Forschungskuratorium Textil als Mitglied der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungseinrichtungen (AiF) aus Haushaltsmitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)" 18774 N.